Empathie

Was ist Empathie?

Empathie scheint ein Modebegriff geworden zu sein. Eltern, Partner und Vorgesetzte sollen doch bitte empathisch sein. Doch was ist das überhaupt? Und wie unterscheidet sich Empathie vom Mitgefühl, vom Mitleid oder von der Sympathie? Hier habe ich eine kurze und einfache Übersicht mit Beispielen für dich.

Zuerst eine gute Nachricht: Von Natur aus sind wir alle mitfühlende Wesen und zu dieser Sache namens Empathie fähig. Das hat die Hirnforschung schon in den 1990er Jahren bewiesen. Jeder Mensch möchte verstanden werden, nicht nur kognitiv, sondern auch emotional.

Und weil sich das mittlerweile herumgesprochen hat, ist das zu unserer emotionalen Seite dazugehörige Fachwort Empathie in aller Munde. Häufig wird es jedoch falsch angewendet oder verwechselt.

Um damit aufzuräumen, fangen wir am besten von vorne an, mit der emotionalen Ansteckung …

Emotionale Ansteckung

Die emotionale Ansteckung zeigt, wie Spiegelneuronen funktionieren. Das sind die Nervenzellen im Gehirn, die dafür verantwortlich sind, warum du fühlen kannst, was andere Menschen fühlen. Und das passiert bei der emotionalen Ansteckung ganz automatisch, selbst wenn du es nicht willst oder nicht damit rechnest.

Klassisches Beispiel: Jemand in deiner Nähe gähnt, und du musst automatisch auch gähnen, obwohl du gar nicht müde bist. Oder: Du siehst im Fernsehen, wie sich jemand in den Finger schneidet. Unwillkürlich zuckst du zusammen und lutschst dir das – bei dir gar nicht vorhandene – Blut vom selben Finger.

Wenn das bei dir funktioniert, dann funktioniert meist auch der Rest …

Empathie

Empathie, das heißt Einfühlungsvermögen, entsteht ebenfalls in den Emotionszentren deines Gehirns. Es gibt sie in zwei Formen:

  • auf dich selbst bezogen – du behandelst dich selbst einfühlsam.
    Beispiel: Du hast bei der Arbeit einen Fehler gemacht. Statt dich selbst dafür zu verurteilen und nieder zu machen, kannst du dich entscheiden (!), dir empathisch zu begegnen. Dein Gefühl des Frusts oder des Ärgers erstmal wertfrei wahrzunehmen. In dir zu forschen oder dich zu erinnern, aus welchem Bedürfnis heraus du so und so gehandelt hast und dass es deshalb in dem Moment für dich richtig war. Und schon kommst du möglicherweise zu der heilenden Einsicht, dass jeder Fehler eine Chance ist, zu lernen und zu wachsen. Wie geht es dir wohl jetzt damit, diesen Fehler gemacht zu haben?
  • auf andere bezogen – du kannst dich in eine andere Person hineinversetzen, wie sie die Welt sieht, was sie innerlich erlebt und was sie dabei fühlt.
    Beispiel: Deine Kollegin hat bei der Arbeit einen Fehler gemacht. Statt ihr zu erklären, dass das doch nicht so schlimm sei und jedem mal passieren kann, hörst du ihr zu, fasst ihre Worte zusammen und kannst nachfragen, ob sie das vielleicht aus den und den Gründen so und so gemacht hat? Selbst, wenn du mit deiner Vermutung daneben liegst, wird deine Kollegin sich gehört, angenommen und verstanden fühlen. Möglicherweise kommt sie durch deine Frage sogar auf die Idee, dass sie ihren Fehler aus einem Bedürfnis heraus gemacht hat. Damit ebnest du ihr den Weg zum ersten Punkt, der Selbst-Empathie …

Wichtig: Empathie hat auch „dunkle Seiten“, wie Fritz Breithaupt schreibt. Denn auch Gewaltverbrecher und Psychopathen können empathisch sein – und weiden sich daran, den Schmerz ihres Opfers zu spüren!
Empathische Verbundenheit zu spüren, dich einfühlen zu können, bedeutet auch bei gesunden Menschen nicht automatisch, dass du der anderen Person helfen willst! Dafür gehen wir einen Schritt weiter …

Mitgefühl

Mitgefühl entsteht stets aus der Empathie heraus. Es weckt in dir den starken Wunsch, zu helfen, zu geben, Bedürfnisse zu erfüllen (deine und bzw. oder die der anderen Person) und zu diesem Zweck Strategien zu entwickeln.

Beispiel: Nimm die gleiche Geschichte von der Empathie für deine Kollegin. Wenn du ihr obendrein noch anbietest, den Fehler gemeinsam mit ihr zu beheben, bist du im Mitgefühl.

Weil das wirklich sehr, sehr ähnlich klingt und die Grenzen hier verlaufen mögen, wird Empathie oft mit Mitgefühl gleichgesetzt oder – auch in der Online-Literatur – verwechselt. Tatsächlich kannst du empathisch sein, ohne dass dein Bedürfnis zu helfen oder zu Umsorgen berührt wird. Und du kannst Mitgefühl haben, selbst wenn dir jemand nicht sympathisch ist. Deshalb ist es gut, dass die deutsche Sprache verschiedene Begriffe kennt.

Wichtig: Jedesmal, wenn du aus Mitgefühl heraus etwas für jemand anderen tust, tust du dir – meist unbewusst – selbst etwas Gutes. Deshalb ist Mitgefühl so ein wichtiger Kitt zwischen Menschen – es wirkt in beide Richtungen positiv!

Mitleid

Der Unterschied zwischen Mitgefühl und Mitleid besteht in der emotionalen Beteiligung. Im Mitleid machst du das Leid des anderen zu deinem eigenen. Du bist dann häufig nicht mehr in der Lage, angemessen zu handeln oder sogar zu helfen, weil dein eigener, übernommener Schmerz dich beschäftigt und gefangen hält. Wo Mitgefühl Menschen verbindet, kann Mitleid sie auch trennen.

Beispiel: Den Fehler deiner Kollegin von oben, den hast du auch schon gemacht. Dein Chef hat dich danach so dermaßen zur Schnecke gemacht, dass du das ganze Wochenende lang fix und fertig warst. Schon bei der Erinnerung daran kommen dir die Tränen und du sagst zu ihr: „Oh nein, du Arme, das ist mir auch schon passiert!“ Wenn es ganz doof läuft, hat deine Kollegin ein dickeres Fell und du bist die Einzige von euch beiden, die nun heult … Selbst, wenn du ihr nun lediglich deine eigene Geschichte erzählst, um dein Mit-Leid zu kanalisieren: empathisch verstanden wird sie sich damit nicht fühlen!

Sympathie

Sympathie ist Zuneigung. Du findest jemanden nett, magst ihn oder sie einfach, fühlst dich von der Person angezogen – ohne Anspielung. Das passiert oft ganz spontan und die Gründe dafür können dir bewusst sein oder auch nicht. Doch zwei Menschen müssen sich nicht unbedingt sympathisch sein. Die Chemie stimmt einfach nicht, oder sie haben was Blödes miteinander erlebt und mögen sich nun nicht (mehr).

In vielen Situationen kann man unsympathischen Leuten einfach aus dem Weg gehen. Bei der Arbeit ist das meistens nicht möglich. Wenn du mit jemandem, den du nicht magst, zusammenarbeiten musst, hilft dir die Empathie weiter. Denn zu ihr kannst du dich im Gegensatz zur Sympathie entscheiden.

Beispiel: Wenn die ‚doofe‘ Kollegin drängelt, wann du mit deinem Text fertig bist, dann verurteile sie nicht, sondern erinnere dich, dass sie heute gerne pünktlich Feierabend machen möchte, weil sie Besuch bekommt. Du weißt, wie sich das anfühlt, vor dem Besuch noch staubsaugen zu müssen! Vielleicht kannst du ihr auch empathisch begegnen und sie direkt fragen: „Du hast es eilig, meinen Text zu lesen, weil du heute rechtzeitig zu Hause sein musst, oder?“ Möglicherweise entspannt sie sich dann schon, weil sie sich verstanden fühlt, und ist netter zu dir. Dann musst du sie noch immer nicht sympathisch finden und dein Arbeitsauftrag bleibt auch gleich: Text schreiben, und zwar flott! Du bist jedoch souverän mit der Situation umgegangen – wer fragt, führt! – und hast auch deine eigene Lage ein Stück weit zum Positiven verändert.

Wichtig (und verwirrend): In der englischen Sprache bedeutet sympathy Mitleid!

Zusammenfassung

Denk immer dran: Du kannst die Leute nicht ändern, nur deine Einstellung zu ihnen und dein eigenes Verhalten. Deshalb ist Empathie King, wenn du mit anderen Menschen gut klar kommen, jedoch eine gewisse Distanz nicht verlieren willst oder dir jemand nicht sympathisch ist. Mitgefühl bringt dich ins Tun, ins Helfen. Und Mitleid führt dich weg vom anderen und macht dich handlungsunfähig oder bringt dich dazu, wegzusehen und wegzugehen, weil du es nicht aushältst.

Du bist von Geburt an empathisch! Wenn du denkst, dass sich deine natürliche Fähigkeit zur Empathie im Laufe deines Lebens zurückgebildet hat: Empathie ist wie ein Muskel, du kannst sie trainieren! Du kannst dich für Empathie deshalb auch bewusst entscheiden, wenn sich Sympathie nicht einstellen mag.

eBook von Sylvia Pietzko

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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